Rundfunk

Kommentar

Konzern ohne Mitarbeiter?

Die Unternehmensberater von Roland Berger haben wohl ganze Arbeit geleistet. Süddeutsche Zeitung und das Hamburger Wochenblatt "Die Zeit" berichten über eine Studie der Consultants, die sich mit der wirtschaftlichen Zukunft des insolventen Kirch-Imperiums befasst. Die Botschaft des Berger-Papiers ist eindeutig: Verkaufen! Liquidieren! Schrumpfen! Und wo geschrumpft, liquidiert, verkauft wird, da verschwinden Arbeitsplätze.

Mehr als 1200 Mitarbeiter sind schon verschwunden - ohne, dass die Öffentlichkeit groß etwas davon mitbekommen hätte. Mehrere hundert Mitarbeiter werden wohl noch ihre Kündigung erhalten. Wie viele aus dem Heer der Kirch-Beschäftigten am Ende ihren Job verloren haben werden, das kann im Moment noch niemand sagen.

Vielleicht werden wir es auch nie genau erfahren. Denn wo bleiben eigentlich die Mitarbeiter in der Berichtserstattung? Die Medien waren und sind voll mit Kirchthemen. Finanzblätter berichten regelmäßig über den Stand der Dinge, informieren den Leser darüber, dass der nächste Kirch-Betrieb beim Insolvenzrichter landet. Andere lassen uns wissen, wer mitspielt im Poker um die Konkursmasse - doch was mit den Menschen geschieht, darüber bleiben wir seltsam uninformiert. Dürre Zahlen bekommen wir hingeworfen, beiläufig am Ende der Artikel erfahren wir etwas über die Menschen in den Betrieben. "188 der einst 740 Arbeitsplätze" will die DSF-Gruppe streichen, schreibt beispielsweise die "Süddeutsche Zeitung".

Die Schicksale dahinter tauchen nicht auf. Sie bleiben anonym - viele tausend Namenlose, die das Herz der Kirch-Unternehmen bilden. Auch wenn sie aktiv werden, Betriebsräte gründen, um Gespräche mit Insolvenzverwaltern und Geschäftsführern bitten, ihre Mitarbeit im Umstrukturierungsprozess anbieten: die Öffentlichkeit erfährt fast nichts von diesen Menschen. Sie liest immer nur die Namen der wenigen, die das Schicksal von vielen in der Hand haben. Die unbekannte Masse der großen "Kirch-Familie" aber ist aufgewacht, und verlässt sich nicht mehr auf die Weisheit der Chefetagen. Um endlich wahrgenommen zu werden, muss sie aber auch ihr gespenstisches Schweigen beenden und laut werden. Sonst wird niemand bemerken, dass es bei Kirch Menschen gibt, die von und für diesen Konzern leben und kämpfen und gute Arbeit leisten - nicht nur Insolvenzverwalter und Geschäftsführer.

(Ralf Steinle, connexx.av)


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