Die Gema gewinnt gegen YouTube eine Schlacht - aber der Kampf geht weiter!

(ver.di FilmUnion-Newsletter 04/2012) Seit beinahe zwei Jahren besitzt die Gema mit Anbietern werbefinanzierter Musik-Streaming-Dienste wie Simfy und Deezer feste Zahlungsvereinbarungen. Solche Dienste bieten über ihre Seiten und Apps Lieder an, die gegen Gebühr gehört werden können, während auf diesen Seiten gleichzeitig Werbung geschaltet wird. Pro gestreamtem Song werden zwischen 0,025 und 0,6 Cent fällig, die der Dienst an die Gema abführt. Auch mit YouTube wollte die Gema eine solche Vereinbarung treffen, denn die alte war im April 2009 ausgelaufen - das Problem daran: Ist YouTube überhaupt mit einem der genannten Musikdienste vergleichbar?
Oder anders gefragt: Wer oder was ist YouTube eigentlich? Laut eigener Definition ist es lediglich ein Service Provider, bei dem der Uploader die Verantwortung für den hochgeladenen Inhalt besitzt. Doch die Gema hält YouTube für einen solchen werbefinanzierten Streaming-Dienst, generiere doch die geschaltete Werbung Einnahmen in Milliardenhöhe, die auf das Konto der Mutter Google flössen. Nachdem beide Parteien sich nicht über einen neuen Nutzungsvertrag einigen konnten, beschloss die Gema Ende 2010 YouTube zu verklagen. Streitgegenstand war aber nicht nur YouTubes Ausrichtung am Markt, sondern waren auch ein paar Lieder, die YouTube in beinahe einem ganzen Jahr trotz Aufforderung nicht vom Netz genommen hatte. Das Hamburger Urteil verpflichtet YouTube nun, die von der Gema gemeldeten Titel sofort zu sperren und des Weiteren dafür zu sorgen, dass ähnliche Urheberrechtsverletzungen nicht mehr vorkämen. Ist das also ein Sieg für die Gema? Jein, denn das Gericht stellte zudem ausdrücklich fest, dass YouTube im juristischen Sinn kein Täter ist und daher nur in Störer-Haftung genommen werden kann. Der Videodienst haftet also nur bei Verstößen gegen die Prüfpflicht. Alles klar? Von wegen, denn die Gema ist von einer neuerlichen Regelung über Zahlungen durch YouTube so weit entfernt, wie zuvor. Und auch für den Nutzer ist mit dem Urteil überhaupt nichts geklärt, wie in manchen Medien fälschlicherweise behauptet wurde.

Die Künstler beispielsweise befinden sich in der absurden Position, dass sie eine Urheberrechtsverletzung begehen, wenn sie auf ihr eigenes, geistiges Eigentum verlinken, oder es sogar kostenlos zur Verfügung stellen. Denn in diesem Fall seien die Rechteinhaber mindestens vertragsbrüchig, laut Gema, vorausgesetzt natürlich, er habe das Verwertungsrecht für sein Werk in Deutschland der Gema übertragen. Dann die Facebook-Nutzer: Wenn jemand den YouTube-Link zu einem in Deutschland verfügbaren Video auf seine Facebook-Seite stellt, macht er sich genaugenommen strafbar im Sinne des § 19a UrhG, weil er sich das Vorführungsrecht angeeignet hat. Das geschieht nämlich dann, wenn „ein Werk der bildenden Künste, ein Lichtbildwerk oder ein Filmwerk durch technische Einrichtungen öffentlich wahrnehmbar gemacht wird.“ Eine erste Abmahnung in einem solchen Fall hat es bereits gegeben, wie die Süddeutsche Zeitung schreibt: „Ein Nutzer hatte einem anderen ein urheberrechtlich geschütztes Foto auf dessen Facebook-Seite gestellt, doch dieser, nicht der Bild-Einsteller wurde für die öffentliche Zugänglichmachung eines Lichtbildes abgemahnt.“

Gut, mag sich der kundige Nutzer sagen, nutze ich eben einen Anonymisierungsdienst wie „Hotspot Shield“ oder „Hidemyass“, um die IP-Adresse meines Rechners zu verschleiern. Diese Dienste funktionieren einwandfrei, und damit sind alle in Deutschland durch die Gema gesperrten Videos plötzlich wieder sichtbar. Doch hierdurch begehe der Nutzer laut SZ einen klaren Verstoß gegen den § 95a UrhG, denn er umgehe ja wirksame, technische Maßnahmen, die zum Schutz des geistigen Eigentums eingerichtet wurden. Wenigstens diese Situation scheint eindeutig.

Die Gema hätte übrigens gerne 0,6 Cent pro Song von YouTube, so viel möchte das Videoportal aber auf keinen Fall zahlen. Man darf gespannt sein, wie es weiter geht.



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