Zehn Jahre Hartz-Agenda: Armut als Programm – Arbeitslosenversicherung als Auslaufmodell? Eine arbeitsmarktpolitische Tagung am 10. Mai 2012 in Berlin sucht Antworten. Ein Thema: Beschäftigungsformen bei Film- und Fernsehen

(ver.di FilmUnion-Newsletter 03/2012) Arbeitslose in Deutschland sind im Vergleich zu anderen europäischen Staaten besonders von Armut betroffen. Die Ursachen liegen zum einen darin, dass die beitragsfinanzierte Arbeitslosenversicherung immer seltener gegen das Risiko der Arbeitslosigkeit absichert. Zum anderen führen die Spaltung des Arbeitsmarktes und die Ausweitung von Niedriglöhnen und unsicherer Beschäftigung zu immer geringeren Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung.
Quo vadis, Arbeitslosenversicherung? Ein wachsender Teil der Beschäftigten erwirbt erst gar keine Ansprüche auf das beitragsfinanzierte Arbeitslosengeld. 56 Prozent der Arbeitslosen haben bei Beginn der Arbeitslosigkeit keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld I und müssen gleich „Arbeitslosengeld II“ beantragen.

Selbst aus sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung heraus haben 28 Prozent derjenigen, die arbeitslos werden, keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld aus der Arbeitslosenversicherung, nach Leiharbeit sind es 38 Prozent. Nur 29 Prozent aller Arbeitslosen erhalten Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung, jede/r Zehnte muss das Arbeitslosengeld durch Leistungen vom Jobcenter aufstocken lassen. Aber auch diejenigen, die über Jahre Beiträge in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt haben, stehen nach 12, spätestens 24 Monaten ohne Schutz aus der Sozialversicherung da. Ist die Arbeitslosenversicherung damit ein Auslaufmodell? Kann sie als Sozialversicherung überhaupt noch einen entscheidenden Beitrag zur Armutsvermeidung leisten?

Die Konferenz am 10. Mai in der verdi-Bundesverwaltung beinhaltet u.a. einen Vortrag von Johannes Steffen mit dem Titel: „Der soziale Schutz durch die Arbeitslosenversicherung vor und nach dem Inkrafttreten der Hartz-Gesetze“. Steffen ist Referent für Sozialpolitik bei der Arbeitnehmerkammer Bremen und ein ausgewiesener Kenner der Materie, beschäftigt er sich doch schon seit Jahren mit den drohenden Folgen des Sozialumbaus in den Nuller Jahren: “ Die entscheidenden Schlachten auf dem Feld der sozialen Rentenversicherung sind längst geschlagen. Mit Riester- und Schmidt-»Reform« wurden die Weichen gestellt: Die Rente der Zukunft wird sich in den allermeisten Fällen nicht mehr groß unterscheiden vom Niveau der Sozialhilfe“, heißt es in seinem Essays: „Mit Autopilot auf letzter Fahrt, Perspektiven der Rente nach dem Koalitionsvertrag“. Mit den Folgen von Arbeitslosigkeit beschäftigt sich ein weiterer Veranstaltungspunkt auf dieser Veranstaltung: „Hohes Armutsrisiko bei Arbeitslosigkeit in Deutschland - Ursachen und Folgen“, von Eric Seils, einem Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlicher am Institut der Hans Böckler Stiftung in Düsseldorf. Seils Arbeitsschwerpunkte sind Projekt Sozialversicherung: Wandel, Wirkung, Weiterentwicklung - Sozialversicherung im internationalen Vergleich, Vergleichende Staatstätigkeitsforschung, und die Haushalts-und Finanzpolitik.

Am Nachmittag wird es auch in Kurzreferaten um die Fragestellungen und Antworten aus den Bereichen Selbstständige und Projektbeschäftigte gehen. Besonders die Filmwirtschaft wird in diesen Referaten als Beispiel dienen, der Tarifsekretär Medien Matthias von Fintel wird in der nachmittäglichen Veranstaltung anwesend sein. Alle Ehrenamtliche aus dem Fachbereich Medien sind herzlich eingeladen, mitzudiskutieren.

Die Begrüßung der Tagungsteilnehmer kommt von Elke Hannack, langjähriges DGB-Mitglied und Mitglied des ver.di-Bundesvorstandes.

Tagungsort: ver.di-Bundesverwaltung, Paula-Thiede-Ufer 10, Raum „AIDA/Othello“ (Basisgeschoss)
Zeit: 10. Mai, 2012
Beginn: 10.30 Uhr
Ende: 16.00 Uhr

Anmeldung zur Tagung bis 15. April 2012 erfolgen entweder per Mail an: arbeitsmarktpolitik@verdi.de, oder per Fax an: 030/69 56-3211.

Der Tagungsverlauf im Überblick:


10:30 Uhr Begrüßung Elke Hannack (ver.di-Bundesvorstand)

11:00 Uhr Der soziale Schutz durch die Arbeitslosenversicherung vor und nach dem Inkrafttreten der Hartz-Gesetze Johannes Steffen (Arbeitnehmerkammer Bremen)

11:30 Uhr Hohes Armutsrisiko bei Arbeitslosigkeit in Deutschland - Ursachen und Folgen Eric Seils (Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Institut der HBS)

12:15 Uhr Diskussion

13:00 Uhr Mittagspause

14:00 Uhr Keine Chance auf soziale Sicherung – unstetige und prekäre Beschäftigung als Armutsrisiko bei Arbeitslosigkeit Analysen, Anforderungen und Strategien aus den ver.di-Fachbereichen Präsentationen und Diskussionen

15:30 Uhr Zusammenfassung der Ergebnisse und Ausblick Anforderungen an die soziale Sicherung bei Arbeitslosigkeit und an den Beitrag der Arbeitslosenversicherung zur Beschäftigungssicherung

16:00 Uhr Ende




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