Film & Fernsehen

"6 statt 12" - Die Soziale Absicherung von Film- und Fernsehschaffende muss weiter verbessert werden! - Dies belegt die Auswertung der BFV-Umfrage

(BFV-Newsletter 10/2011) „Haben Sie in den vergangenen zwei Jahren Arbeitslosengeld I (ALG I) nach der bis Ende Juli 2009 geltenden Regelung bezogen?“ „Welchen Anspruch auf ALG I nach der bis Ende Juli 2009 geltenden Regelung haben Sie erworben?“ oder „haben Sie Anspruch auf ALG I nach der ergänzenden Regelung ab August 2009 erworben?“ „Hat die tarifliche Zeitkontenregelung dazu beigetragen, dass Sie den Anspruch erworben haben?“ Diese und einige Fragen mehr waren Teil der Umfrage des ‚BundesFilmVerbandes in ver.di‘ (BFV), die Film- und Fernsehschaffende im Zeitraum von Januar bis Mai beantworten konnten.
Der Fragebogen diente dem Ziel, herauszufinden, was genau an der Regelung zum ALG I für Film- und Fernsehschaffende zu ändern sei. Denn dass etwas geändert werden müsse, war allen Beteiligten und Betroffenen schon länger klar. Am 7.11. hat die Forschungsgruppe BEMA die Ergebnisse der Umfrage den Gewerkschaftern vom BFV in Berlin vorgestellt. Eine Tendenz ist bereits jetzt abzusehen: alle Befürchtungen seitens der BFV-Vertretung sind deutlich bestätigt worden.

Unbefriedigend für viele Filmschaffende ist, dass durch die verkürzte Anwartschaftszeit in der nun geltenden zu restriktiven Form abhängig Beschäftigte und Künstler kaum eine Möglichkeit haben, Arbeitslosengeld I zu beziehen. Diesen Mangel hatte der BFV in ver.di bereits im Sommer 2009 nach Bekanntwerden der Gesetzesentwürfe der großen Koalition befürchtet, die Umfrage bestätigt diese Befürchtung nun. So heißt es in einer Antwort eines der Befragten: „ALG 1 ist für Filmschaffende in zwei Jahren extrem schwer zu schaffen und durch Terminüberschneidungen kaum möglich. Das Zeitkonto hilft auf jeden Fall bei der Erreichung der Anwartschaftszeit, allerdings fällt dann die verkürzte Anwartschaft weg, weil wir Filmleute dann meistens über 42 Sozialversicherungstage kommen. Diese Restriktionsgröße versteht sowieso niemand - man zahlt und bekommt doch nichts raus!“
Aber auch Schwierigkeiten mit der Umsetzung der Regelung auf den Ämtern wurden geäußert. So würden in einigen Fällen die Arbeitsagenturen strikt davon abraten, ALG I überhaupt zu beantragen, die berichtenden Filmschaffende hatten oft den Eindruck, dass die Bundesagentur (BA)-Sachbearbeiter die genaue Regelung nicht kannten oder schlicht in Willkür handelten. Aber auch eine drohende Kollision mit der KSK verhinderte in manchen Fällen eine erfolgreiche Antragstellung, wie ein Betroffener schreibt: „Ich bin gleichzeitig Künstler und in der KSK pflichtversichert. ALG 1-Bezug und Mitgliedschaft in der KSK schließen sich aber meines Wissens nach aus, obwohl man weiß, dass ein Großteil der KSK-versicherten Beträge einnimmt, von denen man nicht leben kann! Als Selbständige mit KSK-Mitgliedschaft wünsche ich mir trotzdem eine realistische Möglichkeit, arbeitslose Zeiten mit ALG I zu überbrücken.“ Der BFV erläutert, dass erste Auszüge der Umfrageergebnisse zeigen, dass die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug von ALG I nach der ergänzenden Regelung an dem Absicherungszweck vorbei laufen. Nur 36% der Betroffenen waren mit ihrem Antrag erfolgreich. Besonders einschränkend wirkt, dass viele Filmschaffende in Projekten mit mehr als 42 Sozialversicherungstagen arbeiten und dadurch aus der neuen Regelung herausfallen, andererseits aber auch an den bisherigen Voraussetzungen scheitern, weil sie nur 351 Sozialversicherungstage in zwei Jahren erreichen. „Hier klafft nach wie vor eine große Lücke für eine sinnvolle und zweckmäßige Absicherung qualifizierter Fachkräfte der Film- und Kulturbranche, diese Lücke muss durch wirksame Regelungen geschlossen werden; dazu gehört auch die Abschaffung der Verdienstgrenze“, fordert der BFV-Vorstand die Entscheidungsträger der Regierung auf.
Bei den Zeitkonten liegt das Problem eindeutig bei den Produktionsfirmen! Lediglich 9% bieten das Zeitkonto wirklich an, dagegen musste ein Viertel der Befragten das Zeitkonto immer erst einfordern! Und wenn die Filmschaffenden es bekommen, was ihnen tariflich zustünde, dann häufig zu dem Preis, dass die Überstundenzuschläge einbehalten werden - unglaublich! Positiv sehen drei Viertel der Filmschaffenden das Zeitkonto, weil es hilft, die Anwartschaftszeit nach der bisherigen Regelung und damit die soziale Absicherung zu erreichen.
Es bleibt spannend zu erfahren, welche umfassenderen Zahlen und Fakten die Forschungsgruppe BEMA mit der verantwortlichen Professorin Andrea Bührmann Ende November der Öffentlichkeit präsentieren wird.
Während einer Podiumsdiskussion zum Ergebnis der BFV-Umfrage, die für den 28.11. geplant ist, und bei der PolitikerInnen und Vertreter von Ministerien auftreten sollen, wird die Film-Öffentlichkeit Gelegenheit haben, sich selbst ein Bild über den Zustand und die nötigen Änderungen dieser Regelung zu machen. Veranstaltungsort und Beginn werden demnächst bekannt gegeben.


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