Film & Fernsehen

Sportrechte bei ARD und ZDF: Von Normalstandard bis BOX-Vertragswirrwarr - dann eben mehr fiktionale Produktionen bei den Privatsendern

(BFV-Newsletter 05/2011) Der Kauf der Rechte an der Fußball-Champions-League durch das ZDF für 54 Mio. Euro, der Deal der öffentlich-rechtlichen Sender mit dem DFB für ein Paket mit den Freundschaftsspielen der Fußball-Nationalmannschaft der Männer, allen Spielen des Teams der Frauen, der Bundesliga der Frauen sowie der 3. Männer-Liga für mehrere Spielzeiten sorgt für Unmut bei den Filmschaffenden und Produzenten von fiktionalen Programmen, die Politiker und Gremienvertreter aufschrecken.
Dabei wird mit zweierlei Maß gemessen. In den 90er Jahren waren es die Privaten, die mit Fußball, Boxen, Formel 1 und Skispringen ihre Einschaltquoten nach oben trieben. ARD und ZDF wurden von den aufstrebenden Konzernen überboten und in der Zuschauergunst abgehängt. Wenn sie jetzt diese Strategie wiederholen, um jüngere Zuschauer zu binden, wird ihnen vorgeworfen, sich den Erfolg zu erkaufen. Die ARD weist insbesondere den in Zeitungen von „Bild“ bis „FAZ“ erhobenen Vorwurf der Preistreiberei zurück. Mit dem Verhandlungsergebnis bewege sich die ARD exakt im Rahmen des bisherigen Umfangs der Berichterstattung, sagte ARD-Sport-Koordinator Axel Balkausky. Es gehe nicht um ein Mehr in der Sportberichterstattung, sondern darum, den Gebührenzahlern die schon bislang in der ARD übertragenen Spiele auch weiterhin zu bieten. Der Vorstand des BundesFilmVerbandes BFV bilanziert nüchtern: „Natürlich wünschen wir uns mehr Investitionen in fiktionale Produktionen von ARD und ZDF, aber wenn die Privatsender mal nicht bei den Sportrechten zum Zug kommen, dann hindert auch sie niemand daran für das eingesparte Geld mehr eigenes fiktionales Programm zu produzieren; der Qualität täte das gut und der Beschäftigungssituation beim Film ebenfalls!“

Zu der Sportrechtedebatte beim Fußball lässt sich außerdem festhalten, dass überhaupt ARD und ZDF den DFB-Pokal, den Frauen-Fußball und die 3.Liga mit zu dem gemacht haben, was sie heute darstellen. Von einem Interesse der Privatsender insbesondere an diesen Rechten kann bislang keine Rede sein. Auch ein Interesse an der Frauen-WM hat beispielsweise kein Privatsender gezeigt. Insofern sind die Vorwürfe des VPRT völlig haltlos. Das bestätigt auch DFB-Präsident Theo Zwanziger. Der Preis für die Länderspiele der Männer-Nationalmannschaft sei bei 4 Mio. Euro geblieben und liege damit unter den spekulierten 4,5 bis 5 Mio. Euro. Und er begründet auch, warum sich der Verband für die öffentlich-rechtlichen entschieden habe. Die privaten Sender hätten zwar Interesse an den attraktiven Männerspielen und es wäre für sie wahrscheinlich auch ein höherer Preis bei einem separaten Abschluss mit ihnen zu erzielen gewesen. Für den DFB sei aber ausschlaggebend gewesen, dass auch die Frauen ins Bild gerückt und die 3. Liga übertragen werde. Dies sei über die Regionalprogramme der ARD gewährleistet und insbesondere im Sendegebiet des MDR wichtig. Diese Haltung für eine flächendeckende Berichterstattung könnte auch ein wichtiger Fingerzweig sein, wohin sich die Waage bei den jetzt anstehenden Verhandlungen um die Rechte für die 1. und 2. Bundesliga sowie den DFB-Pokal neigen könnte. Was auf die öffentlich-rechtlichen Sender durch den Druck des VPRT, einiger Medienjournalisten und dem Wunsch einiger Fußball-Manager nach einer Melkkuh Fernsehen jetzt zukommen könnte, ist bereits zu spüren. Verwaltungsrat und Rundfunkrat des Hessischen Rundfunks (hr) haben sich am 16. Mai gegen Forderungen von Karl-Heinz Rummenigge, Vorstandsvorsitzender des FC Bayern München, ausgesprochen. Rummennige hatte gefordert, "irgendwann 800 Millionen oder eine Milliarde Euro" jährlich vom Fernsehen für die Rechte an der Übertragung der Bundesliga kassieren zu wollen. Diese Forderung sei "völlig überzogen und unrealistisch", ließen die beiden hr-Gremien mitteilen. Rummenigge hatte erklärt, es könne nicht sein, dass beispielsweise italienische Fußballvereine mit fast einer Milliarde Euro TV-Einnahmen mehr als doppelt so viel erhielten wie die Bundesliga, die derzeit rund 420 Millionen Euro pro Jahr einnimmt. Davon entfallen auf die öffentlich-rechtlichen rund 100 Mio. Euro. Knackpunkt ist hier das Kartellamt, das bei den Verhandlungen zur vergangenen Runde klar erklärt hatte, dass eine Ausstrahlung von Spielausschnitten im Free-TV vor 20.00 Uhr notwendig sei. Fußball-Liga und private Sender hoffen bei der Behörde auf einen Meinungsumschwung. Welcher Wind den öffentlich-rechtlichen Sendern entgegenweht, beweist das Beispiel Boxen. Der WDR-Verwaltungsrat lehnt den im Vorjahr geschlossenen Vertrag der ARD mit dem Boxstall des Promoters Wilfried Sauerland ab und riskiert damit einen Clinch. Die Gremien des für den Erwerb von Sportrechten zuständigen MDR und die Intendanten der ARD-Anstalten hatten den Vertrag, der dem Boxstall von 2013 bis 2015 54 Mio. Euro bringen sollte, bereits abgenickt. CDU-Politikerin Ruth Hieronomy, Vorsitzende des WDR-Verwaltungsrats, meint, der Vertrag mit der Sauerland Event GmbH sei entgegen den verschiedenen landesgesetzlichen und satzungsrechtlichen Bestimmungen ohne Zustimmung der Gremien abgeschlossen beziehungsweise vollzogen worden. Dass die von ARD-Programm-Direktor Volker Herres unterzeichnete Verlängerung des 2007 erstmals geschlossenen Vertrags erst ein Jahr später den Gremien zur Zustimmung vorgelegt werde, verdeutliche die "dringende Notwendigkeit" einer Formalisierung des ARD-Vertragsmanagements. Hieronymi leitet in der ARD auch die Konferenz der Gremienvorsitzenden (GVK). Sie weist daraufhin, dass die GVK wiederholt in der ARD-Hauptversammlung die Übertragung von Profiboxkämpfen kritisiert habe: "Diese Position war somit bekannt."

http://www.dwdl.de/nachrichten/3139/fuballrechte_doetz_poltert_gegen_ard_und_zdf/

http://www.sueddeutsche.de/medien/ard-boxvertrag-mit-sauerland-stall-so-gut-wie-ko-1.1097679-3


Ausklappen/Einklappen